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Große Werke eigensinnig arrangiert
von Christina Altmann
Mannheim ● Barocke Klänge, Vertonungen poetischer und geistlicher Dichtungen, instrumentale Neubelebungen weltbekannter Filmmusiken - das Duo "brasso continuo" weckte mit seinem Konzert in der Feudenheimer Kulturkirche Epiphanias viele Erinnerungen an unvergessliche Werke der Musikgeschichte und überraschte durch schillernde Arrangements. Schließlich galt es, all diese grandiosen klanglichen Schöpfungen der letzten vier Jahrhunderte auf zwei Instrumente umzuschreiben: auf die Trompete des 1993 in Dresden geborenen Johann Schuster und die Orgel des heute 33jährigen Magdeburgers Christian Wiebeck. Seit drei Jahren touren die beiden Interpreten als "Duo brasso continuo" durch die Bundesrepublik und nehmen ihr Publikum mit auf eine Reise durch die vielfältige Welt der Klänge. Als Kirchenmusiker, Konzertsänger und Dirigent am Leipziger barocken Kammerorchester sorgte insbesondere Christian Wiebeck für die Umschreibung der originalen Kompositionen. Außer der Orgelkonzerte von Johann Gottfried Walther, Edgar Elgar und dem beschwingten Marsch von Félix Alexandre Guilmant, die an diesem Abend auf dem Programm standen, hat er alle Werke für Trompete und Orgel arrangiert. "A Red Red Rose" überschrieb das Duo sein Programm in Anlehnung an das romantische Liebeslied des schottischen Nationaldichters Robert Burns. Hier erklang es als eine zarte Trompetenmelodie, die bald vom vehementen Schluchzen der Orgel abgelöst wurde. Ob es das feierliche Barockkonzert von Jean Baptiste Loeillet war oder die von Otto Nicolai zur 300-Jahr Feier der Universität Königsberg geschriebene konzertante Fassung des Luther-Chorals "Ein feste Burg ist unser Gott", immer war es der glänzende reine Klang der Trompete, der Ruhe und Feierlichkeit schenkte. Die Orgel dagegen brauste und tobte oder verlor sich in verspielten Intermezzi, um oftmals die galanten Kompositionen der alten Meister resolut zu beenden.
Gewaltiges Orgelspiel
Wiebecks Arrangements sind in ihrer ganzen Vielfältigkeit überraschend eigensinnig. Besonders die wunderschönen Themen, die Henry Mancini für die Filmserie "Dornenvögel" oder John Williams für "Star Wars" und "Schindler's Liste" schrieb, baute er mit gewaltigem Orgelspiel auf zu den bekannten Melodien, majestätische Musik, die schließlich vom Trompetenspiel erstrahlte und wie ein Echo von der Orgel wiederhalte. Mit dem stillen "Abendsegen" aus Engelbert Humperdinck's Oper "Hänsel und Gretel" ging ein Konzert zu Ende, das ohne die von Johann Schuster meisterhaft gespielte davontragende Trompete mächtig aufgewühlt hätte.
Majestätisches Zusammentreffen
Duo Brasso Continuo pflegt beim Konzert in der Christuskirche das harmonische Miteinander
von Reiner Henn
Kaiserslautern ● Wer kann der „Königin der Instrumente“ – nach Mozarts berühmtem Ausspruch – Paroli bieten, wagt es mit ihr in konzertierenden Wettstreit zu treten? Von den vielen Besetzungsmodellen rund um diese Majestät ist die Variante mit Kirchenorgel und Trompete die vielleicht interessanteste. Da begegnen sich zwei „windige“ (mit Luft in Schwingung versetzte) Majestäten auf Augenhöhe: Die Trompete spielte in der Musikgeschichte als kriegerisches Signalinstrument und beim Zeremonienmeister am Hof eine herausragende Rolle. Dementsprechend waren die Trompeter dort die mit am höchsten bezahlten Musiker. Die Trompete spielt bei Händels Oratorium „Messias“ beim Jüngsten Gericht auch in der Kirchenmusik die tragende und weltliche Macht wie göttliche Allmacht repräsentierende Rolle. Sie verdankt diese ihrer herausragenden und leuchtenden Strahlkraft, die aber nicht mit Urgewalt in der Kunstmusik, sondern kontrolliert, kultiviert und nuanciert einzusetzen ist. Eine hohe Kunst, die der 1993 geborene Johann Schuster – im Rahmen seiner Studien Praktikant im MDR Sinfonieorchester Leipzig und der Dresdner Philharmonie – exzellent beherrscht. Dem Mangel an Originalliteratur für diese dennoch häufige Besetzung half Christian Wiebeck ab. Gemeinsam arrangierten sie eine Fülle von Musikwerken: von der Renaissance bis zur Moderne, von Orchester- und Solo- bis zu Chorwerken reicht das so bearbeitete Repertoire, das neben klassischen Adaptionen auch Filmmusik, Jazz und Pop beinhaltet und das als eigene „Edition Brasso Continuo“ über die Musiker erhältlich ist.
Im ersten Konzertteil zelebrierte der Trompeter eine so wiederentdeckte Sonate des französischen Barock-Komponisten Jean-Baptiste Loeillet und ein Adagio von Tomaso Albinoni für festliche Anlässe wie hier die glanzvolle Eröffnung. In geschmeidigen, pastosen melodischen Linien und gestochen klarer Artikulation gab der Trompeter klingendes Zeugnis ab von seinen spieltechnischen und vor allem ansatztechnischen Fähigkeiten. Diese führten zur seltenen Reinheit des Tons hinsichtlich Intonation und zu feinsten dynamischen Nuancen, weitab von oberflächlicher plakativer Wirkung. Im zweiten Programmteil wartete das Duo mit Überraschungen wie Ausschnitten aus Filmmusiken auf. So Henry Mancinis Musik zum Film „Die Dornenvögel“ oder die Suite aus der Filmmusik von John Williams zur erfolgreichen Science-Fiction-Serie „Star Wars“ (Krieg der Sterne). In der Kombination aus Trompete und Kirchenorgel interessant aber gewöhnungsbedürftig. Bei den Vorträgen mit führender Trompete und begleitendem, das Orchester ersetzen dem Orgelpart zeichnete sich Christian Wiebeck durch eine sorgfältig auf den Solopart abgestimmte und durchsichtige Spiel- und Registrierweise aus. Das war ein harmonisches Miteinander, akkurat in der Agogik aufeinander abgestimmt. Bei den solistischen Originalwerken und Bearbeitungen zeigte sich seine ganze spielerische Klasse durch Akkuratesse und strukturelle Klarheit. So bei einem Concerto des Bach-Zeitgenossen Johann Gottfried Walther, der uns heute mehr durch das erste deutschsprachige „Musikalische Lexicon“ von 1732 und als Herausgeber von ähnlichen Bearbeitungen (wie beim Duo Brasso Continuo) ein Begriff ist. Als Kontrast dazu eröffnete der Konzertmarsch für Orgel von Alexandre Guilmant weitere Perspektiven und bestätigte die Kunst der Charakterisierung von Stilen und Genres.
Das Leipziger Duo brasso continuo gastiert in Göllheim
von Roland Happersberger
Göllheim ● Zwei junge Musiker, die wirklich was können, stellten sich am Freitagabend in Göllheims protestantischer Kirche vor: Johann Schuster, 1993 in Dresden geboren, mit der Trompete und Christian Wiebeck, 1984 in Magdeburg geboren, an der Orgel. Seit zwei Jahren sind sie als Duo Brasso continuo mit einer elegant und swingend gespielten Musikmischung vom Barock bis in die Gegenwart unterwegs. Es war ein sehr schönes, lebendiges Konzert – das leider kaum mehr als 20 Zuhörer fand. Brasso continuo beginnt mit den Capricci armonici op. 4 Nr. 1 des italienischen Barockkomponisten Giovanni Buonaventura Viviani (1638-1692), einer Folge knapp gefasster, abwechselnd langsamer und schneller Sätze. Das Spiel der beiden jungen Musiker ist sehr einnehmend: Die Trompete strahlt, die Orgel grundiert durchaus munter, die schnellen Sätze kommen frisch und lebhaft, die langsamen dicht und auffallend intensiv. Dann ein norddeutscher Orgelmeister, Dietrich Buxtehude, Altersgenosse Vivianis, aber Bewohner einer ernsteren musikalischen Welt. Präludium, Fuga und Ciacona in C- Dur BuxWV 137 sind zu hören. Aber was ist das? Das virtuose Pedalsolo funktioniert gar nicht, die Orgel spricht nicht exakt an, einige Töne kommen gar nicht oder verspätet – es liegt daran, wie später zu erfahren ist, dass die Padalkoppel keine exakte Verbindung herstellt: ein technisches Problem an der ansonsten vorzüglichen Sauerorgel von 1888/89. Gleichwohl: Christian Wiebeck spielt ansonsten tadellos. Zwei Choräle Johann Sebastian Bachs, BWV 639 und 209, hat Wiebeck für Orgel und Trompete arrangiert, wovon der zweite, „Schafe können sicher weiden“, durch die zarte Delikatesse der weitschwingenden Trompetenkantilene und der sensiblen Orgelbegleitung besonders gefällt. Die fetten Akkorde des Präludiums in G-Dur von Constantin Homilius (1813-1902) klingen ein wenig nach Kirmesmusik, aber in ihrem raschen, lebhaften Fluss weiß auch diese Musik zu gefallen und leitet hervorragend zu neueren, aus Filmen bekannten Stücken über. Da gibt es zunächst von James Horner eine Hymne an die See: eine getragene Trompetenmelodie über regelmäßig hämmernder Orgel, die dann die Melodie übernimmt und präzis wie ein Dudelsack klingt – das Trompetenregister hat dieses ungewöhnliche Timbre. Howard Shores „The Breaking of the Fellowship“ beginnt ähnlich mit einer von Schuster exquisit geblasenen Legato-Trompetenmelodie, die in pathetisch-expressives Akkordwerk mündet. Wladimir Fjodorowitsch Odojewski ist ein Komponist des 19. Jahrhunderts, dessen „Gebet ohne Worte“ für Orgel solo aus dunklen, fülligen Akkorden besteht. Christian Wiebeck gibt ihnen ruhiges, nachsinnendes Tempo, spielt das Stück ohne Hast – sehr eindrucksvoll in der sich niedersenkenden Dämmerung. Dann schaltet Pfarrer Peter Rummer die Lichter an, und Johann Schuster setzt den Dämpfer auf sein Instrument – jetzt wird wunderschön gejazzt. Werner Richard Heymann ist der Komponist. Er war in den frühesten Tonfilmtagen, bevor die Nazis ihn vertrieben, der Musikchef der Ufa und hat viele Evergreens geschaffen, unter anderem das wunderschöne Lied „Irgendwo auf der Welt gibt's ein kleines Stückchen Glück“ aus dem Film „Der blonde Traum“ mit Lilian Harvey. Es hat die Qualitäten eines nachdenklichen Chansons, und es macht sich mit gedämpfter Trompete und Sauer-Orgel ganz wunderbar: flott der Refrain, die Strophe breit verweilend und getragen, dabei farbenreich registriert; Brasso continuo hat sich den ganzen Nachmittag mit der Orgel befasst, Wiebeck hat die Zungenregister eigens gestimmt, und das macht sich nun mit einer klanglichen Delikatesse bezahlt, die ungemein kostbar ist. Beide Musiker spielen metrisch wunderbar frei und doch immer exakt beieinander. Dieselben Qualitäten kommen auch dem letzten Stück zu, „What a wonderful World“ von George David Weiss, das apotheotisch zu strahlen- dem Forte gelangt und die Orgel zu geradezu symphonischer Klangentfaltung steigert – mit einer Reprise in feinstem Piano. Der herzliche Applaus dokumentierte, dass es den außerordentlich wenigen Zuhörern außerordentlich gut gefallen hat, womit sie mit dem elegisch swingenden Londonderry Air als Zugabe belohnt wurden.
Mehr als Kirchenmusik
von Julia Helwig
Grünstadt ● Ein hervorragendes Konzert bekam am Samstagabend das Publikum in der Martinskirche in Grünstadt zu Gehör. Im Rahmen der Konzertreihe der protestantischen Kirchengemeinde gastierte zum ersten Mal das Duo Brasso Continuo aus Leipzig/Halle in der Stadt. Dieses entführte in verschiedene musikalische Epochen: von Barock über Romantik bis hin zur zeitgenössischer Filmmusik. Christian Wiebeck, der Organist, zeigte in Verbindung mit dem Trompeter Johann Schuster, dass Orgelmusik vielmehr als nur Kirchenmusik sein kann. Das Repertoire ihres Programmes „That Next Place“ brillierte an diesem Abend mit vielen Facetten. Angefangen bei Barock – die Zeit, in der die Trompete als Soloinstrument hervortrat und die Orgel ihre Blütezeit erlebte. Gefühlvoll und äußerst beeindruckend gelang ihnen die perfekte Kombination dieser beiden ausdrucksstarken Instrumente. Mit Werken von Giovanni Buonaventura Viviani und Dietrich Buxtehude beeindruckten sie das Publikum im ersten Teil des Konzerts. Das Zusammenspiel von Orgel und Trompete harmonierte und ließ gleichzeitig jedem Musiker genügend Freiraum zur Entfaltung. Bereits seit 2014 konzertieren die beiden jungen Männer regelmäßig miteinander und haben vor einiger Zeit die Liebe zur Filmmusik entdeckt. „Wir möchten mit diesem Konzert die Einzigartigkeit dieser Instrumente in ihrer Verbindung zeigen“, sagte Christian Wiebeck, der unter anderem filmmusikalische Werke für das Duo arrangierte. Gerade in der Filmmusik hätten Trompete und Orgel oft keinen Platz oder nur einen geringen Stellenwert. Oft verbinde man Orgelmusik ausschließlich mit Kirchenmusik und nicht mit Filmklassikern des vergangenen Jahrhunderts, das wolle er damit ändern. Dass dies machbar und vor allen Dingen melodiös sowie abgerundet klingen kann, bewiesen sie in der zweiten Hälfte des Abends. Für beide nehme die Filmmusik eine wichtige Rolle in ihrem musikalischen Schaffen ein und sei somit das Herzstück und Aushängeschild des Duos, erzählte der 23-jährige Johann Schuster, der seit 2016 Substitut bei der Dresdner Philharmonie ist. Das Duo Brasso Continuo gastiert in der Martinskirche mit ganz unterschiedlichen Klangfarben und interessant interpretiert verliehen sie alten Klassikern wie dem „Main Theme“ aus „Schindlers Liste“ von John Williams oder „That Next Place“ von Thomas Newman eine eigene Note. Stimmungsvoll mit einem Hauch von Sentimentalität war auch ihr Arrangement des Stücks „Irgendwo auf der Welt gibts ein kleines bisschen Glück“ von Werner Richard Heymann. „Mit dieser Art von Musik halten wir an traditionellen Elementen fest, wollen aber durch unsere beiden Instrumente die besondere Stimmung – mal dramatisch oder auch emotional – transportieren, so der 32-jährige Organist. Das begeisterte Publikum dankte es mit einem stehenden Schlussapplaus. Und so boten die bei den mit dem Klassiker „Danny Boy“ von Frederic Weatherly, das von vielen Künstlern schon gesungen und instrumental arrangiert wurde, eine perfekte Zugabe.